Der App-Store – Fanal für die Flucht zu Ubuntu?

Da ist er nun also, der neue »App Store« auf dem Mac. Im Moment nur eine Ansammlung von einigen alten Bekannten und ein Füllhorn gefüllt mit dem Zeugs, das man schon beim letzten Macheist nicht auf seinem Rechner haben wollte. Aber das kann und wird sich sicher ändern.

Die Reaktionen reichen von den $-Zeichen in den Augen manch eines Entwicklers über »haha, boah ey, sowas hatten wir bei Debian schon 1998« bis hin zu Untergangsszenarien wie beim geschätzten Bloggerkollegen:

»Erst stellt Apple sein (von mir) vielgenutztes Download-Verzeichnis ein, dann erfindet die Firma aus Cupertino (ab MacOS X 10.6.6) einen AppStore für Desktop-Macs. Der nächste Schritt wird sein, daß man — ähnlich wie bei iPad und iPhone — Software nur noch über diese AppStore beziehen kann. Ich glaube, es wird wirklich Zeit, daß ich mich mit Ubuntu beschäftige.«

Letzteres ist ja unabhängig vom Untergang immer eine gute Idee. Linux-Distributionen hatten in der Tat schon immer einen »App Store«, der heisst nur von alters her »Paketverwaltung« und beinhaltet die gesamte Software des Betriebssystem und keine Angebote von der Distribution unabhängiger Entwickler. Von daher hinkt dieser Vergleich ziemlich gewaltig.

Einen Schritt weg von der reinen Paketverwaltung und damit am App-Store-ähnlichsten ist aber das »Ubuntu Software Center« (im folgenden USC genannt):

Interessanterweise ist im USC aber mitnichten nur die freie Software des Systems enthalten, sondern – das weiß kaum jemand – auch kommerzielle Software, auch wenn die Auswahl sehr bescheiden ist:

Und ganz wie bei Apple braucht man einen zentralen Account bei Ubuntu One, bei dem man seine Kreditkartendaten angibt und dann die Software kaufen kann. Kommt dem Mac-Nutzer irgendwie bekannt vor, es könnte sein dass die Flucht zu Ubuntu, weg vom gierigen Steve, vom Regen in die Traufe führt. ;)

Wie realistisch ist die vom Herrn Schockwellenreiter beschworene Gefahr überhaupt? Ist der App Store der erste Schritt hin zum abgeriegelten iOSifizierten Mac OS X? Ich kann es mir nicht so recht vorstellen. Apple verkauft eine Menge Alu an Entwickler und andere Anwender, die in Sachen Software Ansprüche haben, die mit dem Distributionskanal App Store und seinen Beschränkungen nicht abzudecken sind. Das hätte sich dann erledigt.

Der Ist-Zustand gibt noch keinen Grund zur Sorge. Der App Store ist derzeit lediglich eine Softwareliste mit Bezahlfunktion, wie z.B., s.o., das USC.

Und der Sog? Der scheint noch nicht gar so unwiderstehlich zu sein, wie die gierige Begeisterung einiger Entwickler uns glauben machen will.

Also, Fazit: Erst mal locker bleiben. Das nächste Release 10.7 »Lion« wird uns zeigen, wohin die Reise beim Mac geht.



3 Kommentare


Stefko am 11.01.2011:


Also ein MacStore-only OS X kann ich mir auch nur sehr schwer vorstellen. Das würde Apple mMn extrem viele professionelle Anwender kosten. Das einige Szenario das ich nicht für komplett unwahrscheinlich halte, wäre, dass OS X sich aufspaltet in eine “Home-” (mit Store-only) und eine “Professional-Version” (ähnlich der jetzigen Server?).
Aber auch das würde mich schon seeeeeeehr überraschen.

Was aber das größere Problem in nächster Zeit darstellen könnte, dass immer mehr (kleine) Entwickler eben nur noch über den Store verkaufen. Da muss Apple sich unbedingt sich etwas bzgl. der Update-Möglichkeiten einfallen lassen – wenn man zwar schon eine frühere Programm-Version besitzt, diese aber noch über “herkömmliche” Wege bezogen hat. Da existieren zur Zeit zu viele Sackgassen.

Momentan betrachte ich die ganze Sache noch recht gelassen, stöbere gerne im Store und betrachte das aktuell als einen weiteren, komfortablen Distributionsweg.
Alles andere ist Kaffeesatz-Leserei ;-)
jm2c

JCG am 12.01.2011:


Das “Der Ist-Zustand gibt noch keinen Grund zur Sorge” sehe ich ebenso. Die zentrale Frage ist allerdings, wohin solche Entwicklungen in der Zukunft führen werden.

Aus Sicht von Apple wäre es nur konsequent und naheliegend, aus Mac OS ein vollkommen geschlossenes System zu machen, welches der Anwender ausschließlich über einen zentralen Store mit Anwendungen bestücken kann (ähnlich iOS auf iPhone, iPod, iPad):

Denn nur das gewährleistet, dass Apple mit jedem (!) Software-Verkauf kräftig mitverdient. Hier, und nur hier, liegen für Apple unermessliche Einkommenspotentiale. Denn mit dem Zusammenschrauben von Hardware, wie begehrt auch immer diese sein mag, sind weder nennenswerte Erträge noch nennenswertes Wachstum auf Dauer zu erzielen.

Je mehr Otto-Normal-Verbraucher Apple in nächster Zeit mit seinen Produkten erreichen wird, desto unwichtiger wird die vergleichsweise kleine Schar professioneller Anwender, die einer geschlossene Appstore-Lösung ablehnend gegenüberstehen.

DASS Apple längst das Potential zum Massenmarkt-Hersteller hat, zeigen die Verkaufszahlen von iPhone, iPod und iPad. Nach Stückzahlen sind, betrachtet man alle Apple-Endgeräte, vermutlich schon drei viertel geschlossene, höchst proprietäre und zentral kontrollierte Systeme…

Ralf G. am 19.01.2011:


Der richtige »Zug« zum App-Store will sich ja noch nicht so recht einstellen, bis auf Einzelfälle ist die große »jetzt nur noch via App-Store«-Welle bei Mac-Entwicklern ausgeblieben.

mac osx ubuntu appstore